IDM H-Jollen in Berlin

von Segelclub am Pfäffikersee

Die H-Jollen fristen in der Schweiz ein Sonderstatus: Mangels Klassenfelder segeln sie bei den Yardstickregatten meist vorneweg, am Land (und auf dem Wasser) werden sie immer wieder mit lobenden Worten bedacht. Um auf den Boden der Realität zu kommen, pilgern daher die einen jedes Jahr ein- bis teilweise sogar zweimal in den Norden, um sich dort unter rund 25 Booten wieder einmal richtig einzureihen.

Dieses Jahr nach Berlin, an den Müggelsee, den grössten See Berlins, gleiche Form wie der Pfäffikersee nur eben doppelt so gross und mindestens doppelt so viel Wind. Dachten wir.

Vor der eigentlichen Meisterschaft findet jeweils am Wochenende davor der Seenkampf statt, an welchem das Gewässer mit seinen Bedingungen beschnuppert werden kann. Die 3 Schweizer Teams, selbstverständlich auch da bereits mit von der Partie (so verteilen sich die knapp 900 km Anfahrt auf etwas mehr Segeltage), standen am Schluss alle auf dem Treppchen! Nicht dass die deutschen Kollegen noch geschlafen hätten, nein der Wind war noch nicht da! Bei 35° tanzten abends zwar die Mücken über den Müggelsee, tagsüber mochte sich aber kein Wind einstellen. Und da beschloss die Regattaleitung, diejenigen Crews mit einem Preis zu ehren, welche die weiteste Anfahrt auf sich genommen hatten.

Danach Pausentag, Berlin bietet ja auch etwas mehr als Auslikon, langweilig wurde es da also nicht, Trainingsschläge über den See waren mangels Wind auch nicht angesagt, sodass wir ohne nennenswerte Erfahrung was den See betrifft in die eigentliche Meisterschaft gingen.

Was vor der Meisterschaft natürlich auch nie fehlen darf: Vermessung. So erfuhr der Schreibende dieses Jahr endlich mal das Rumpfgewichtes seiner unterdessen doch auch schon 25-jährigen H-Jolle: 195 kg, also 5 kg über dem Mindestgewicht. Da dürfen die Umbaupläne im kommenden Winter dann vielleicht doch nicht allzuviel Gewichtsoptimierung beinhalten…

Dienstag, 1. September, 1. Wettfahrttag
Dann 1. September und somit erster Wettfahrtstag. Alle 24 Boote am Start und nach einiger Warterei wegen Winddrehern und neu auszulegender Startlinie dann endlich der erste Lauf auf dem See. Und der hatte es wirklich in sich! Da kam selbst der langjährige Meister, den wir schon bald als unknackbar hielten, etwas ins Schlingern: 11. Platz im ersten Lauf. Der Wind (machte es die Thermik der Stadt aus?) drehte beachtlich was teils die eine Seeseite zu Rennstrecke und die andere zum Parkplatz für Sonntagsfahrer verkommen liess. Darum und auch aufgrund einer aufziehenden Gewitterfront wurden wir dann wieder an Land geordert, erst mal fertig für heute.

Mittwoch, 2. September, 2. Wettfahrttag
An diesem Tag machte sich unsere lange Anreise endlich bezahlt. Bei mässigen und wiederum drehenden Winden konnten heute 3 Wettfahrten gesegelt werden, womit dem Wettfahrtleiter sicher schon einmal der erste Stein vom Herzen fiel, denn so war eine Meisterschaftswertung möglich. Die Ergebnisliste bot allerdings immer noch ein ungewohntes Bild, was die Rangierung anbetraf. Auf den ersten drei Plätzen zwar alte Bekannte, nicht aber in dieser Reihenfolge und erstes Schweizer Boot lag auf Rang 9.

Donnerstag, 3. September, 3. Wettfahrttag
Die geplante 5. Wettfahrt, welche einen Streicher ermöglicht hätte, musste heute leider gleich selbst gestrichen werden. Winddreher noch und nöcher und dazwischen grosse Löcher! Und zudem war auf den Nachmittag noch eine Dampferfahrt auf der Spree ins Zentrum von Berlin angesagt, sodass heute kein langes Warten auf dem Wasser möglich war. Aber wie gesagt, Berlin hat ja auch noch anderes zu bieten, was dann an diesem Nachmittag und Abend einmal mehr genossen wurde.

Freitag, 4. September, 4. Wettfahrttag
Alle wieder raus aufs Wasser, heute waren wieder 3 Wettfahrten angesagt, erster Start um 11.00 Uhr. Aber der See aalglatt, darum also Bereitschaft bis um 17.35 und danach Pflege des Sonnenbrandes. Der Schankwagen am Slip hatte auf jeden Fall wieder Hochbetrieb!

Und dass die Meisterfeier bereits am Freitagabend stattfinden würde, konnten wir uns dann auch aus dem Kopf schlagen, Heimreise also frühestens am Sonntag.

Samstag, 5. September, das grosse Finale
Sie haben eben doch mehr Wind als wir, die Deutschen! Angesagt war schon 4-5 Windstärken, schlussendlich gab es bis zu 7 Beaufort in den Böen. Das wirbelte einiges durcheinander: Das Wasser (kurze knackige Welle), einige Boote (mit dem Stander wurde der Seeboden abgetastet, mit dem Schwert der Wind geteilt) und die bisherige Rangliste, um welche sich wohl im Kampf gegen Wind und Wellen nur noch die Besten Gedanken machen konnten.

Es wurden an diesem Starkwindtag nochmals 3 Wettfahrten gesegelt, wobei bei der letzten nicht einmal die Hälfte der Boote noch mit von der Partie waren, der Wind war vielen zu heftig. So waren wir schlussendlich an diesem Tage auch froh, wieder heil an Land zu gelangen, die DLRG brauste zeitweise mit Blaulicht und Horn über den See…

Nachdem sich an Land wieder alle sortiert und Ihre Boote verpackt hatten, ging es dann zur Siegerehrung mit anschliessender Meisterfeier. Trotz dem Durchschütteln der Ergebnisliste durch den letzten Wettfahrttag kamen aber dieses Jahr neue Gesichter aufs Podest, vor allem auf den obersten beiden Tritten: Meister wurden Ulf Burmeister und Lars Hückstädt, Vizemeister wurden Achim Blaurock und Stefan Vormbaum und den dritten Rang belegten die langjährigen Meister Florian Stock und Tobias Barthel. Herzliche Gratulation! Die Schweizer Boote landeten auf Rang 10 (Boris Kulpe und Jörg Klausen), 17 (Manfred Balz und René Wyss) und 22 (Urs Rusch und Housi Suter), die Namen dürften bekannt sein von der Frühlingsregatta, siehe auch http://www.scap.ch/aktivitaeten/regatten/detail/fruehjahrsregatta-2015. Ein besonderes Kränzchen an dieser Stelle für Housi Suter, der diesen Frühling beim Ansegeln das erste Mal auf einer H-Jolle sass bzw. im Trapez hängte und sich in der gleichen Saison schon ins Feld der IDM getraute!

Was an diesem ausserordentlichen Wettfahrtstag auch beeindruckte war die Solidarität unter den Teams: Als zum Beispiel ein älteres Boot mit einem noch älteren Steuermann (80 jährig!) kenterte waren bald 2 Schotten zur Stelle, die dem Schotten des gekenterten Bootes mit dem Aufrichten zu Hand gingen, während der Steuermann in einem Schlauchboot Platz nehmen durfte. So fahren wir immer wieder gerne in den Norden, nicht nur weil es dieses Jahr auf jeden einzelnen Teilnehmer ankam, damit wir das Startfeld für eine Meisterschaft hinbekamen…

 

ein paar Worte zu den Bildern:

  • erster Regattatag, gemächliches „Einsegeln“ bei 35°C
  • zweiter Regattatag, Start bei rund 3 Windstärken
  • die Feldspitze auf Weg zu Tonne 3
  • Flautentag, Warten an Land
  • letzer Wettfahrttag, Start bei 5 Beaufort
  • Urs und Housi, SUI 852 rundet mit vereinten Kräften das Luv-Fass
  • Segeln mit schöne Vor- und Hintergrund!
  • Der spätere Meister auf Halbwindkurs, da geht die Post ab!
  • Dieselben aus der Nähe
  • Der spätere Meister und der 80-jährige Manne auf der Kreuz
  • Boris und Jörg, SUI 2063 am Luv-Fass, nur noch mit Gross unterwegs!

Für den SCaP dabei und berichtend: Urs Rusch und Housi Suter

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